Mittwoch, 11. Januar 2012

Post aus Marokko

Obstbaumblüte im Atlas im Januar
Es sind ja nun schon ein paar Tage vergangen seit unserer letzten Konversation.Hallo liebe Abenteurer!
Die Tagesetappe, Tata, wurde nicht erreicht, weil es soviel zu sehen gab und ich immer wieder fotografieren mußte. Die schneebedeckten Gipfel des "Hohen Atlas" beeindrucken immer wieder, besonders wenn der Schnee bis in die tieferen Lagen reicht (südöstlich von Marrakesch). Bis hierher kommen selbst die Asiaten zum fotografieren.

Um das Tagesziel zu erreichen, hätte ich richtig Gas geben müssen, was nicht Sinn dieser Tour ist. Es gab dort einen Pass, den hab ich schon vor 15 Jahren mit Thorsten auf dem Sozius überquert und ich habe damals noch viel Geld für Silberschmuck ausgegeben. Diesmal habe ich hier nichts gekauft, dafür an anderer einsam gelegenen Serpentine. Vor 15 Jahren war die Straße noch so schlecht, daß ich andauernd wegen der riesigen Schlaglöcher oder gänzlich fehlendem Straßenbelag bremsen oder Kurven fahren mußte. Jetzt ist dieser Abschnitt völlig neu und man könnte richtig am Hahn drehen. Ich werde oft von einheimischen Autofahrern gegrüßt.
40 km vor Tazenakht fand ich ein kleines unscheinbares Hotel am Straßenrand und wollte eigentlich nur mal fragen, was es denn so kostet. Der Manager, ich hielt ihn dafür, mußte erst mit seinem handy telefonieren, um sich nach dem Preis zu informieren. Komisch!!! es dauerte ewig und ich sah mir schon mal das Zimmer an, nicht schlecht, der ganze Bau wie ein Minischloß. Endlich- - 200 Dirham, was etwa soviel wie 20 Euro sind. Inclusive Frühstück. Wir sind hier aber nicht in Europa sondern in Marokko und außerhalb der Saison. Um es kurz zu machen - 100 DH ohne Frühstück. Hab immer noch Expeditionsfutter aus Deutschland. Komme ja kaum zum Essen. Frühstück fällt immer aus, damit es ehrst einmal los geht.
Jetzt noch erst einmal was zum Hollener Biobrot: Es ist absolut expeditionstauglich von mir befunden. Es ist immer noch nicht schimmelig und ich habe immer noch davon. Heute Abend gabs ausnahmsweise Müsli mit Milch. Die Milch gabs hier am Atlantik im Laden. Das Brot wird sicher noch bis Mauretanien reichen. Ein Lob also auf die Hollener Bäcker. Bitte weiter geben.
Ich habe in diesem Hotel bestens geschlafen, zumal es für die Nacht noch eine wirklich dicke, schwere Plastikdecke gab. Endlich mal nicht frieren! Am Morgen gabs dann zwei Riegel Schokolade und zwei Becher kaltes Wasser. So startete ich in den Tag.
In Tazenakht hab ich mich dann wieder mit Apfelsinen und Wasser eingedeckt und euch die erste e-mail geschrieben. Eine Stunde Internet kostet hier 4 DH. Von hier gings dann auf die südliche Route, eine kleine Straße, um auf die Südseite des Anti-Atlas zu kommen.
Ich fuhr durch viele kleine Dörfer und da hier Regenzeit ist, manchmal jedenfalls, waren viele Felder bestellt und die ersten Pflanzen blühten. Der Frühling steht hier vor der Tür. Es muß sogar reichlich geregnet haben, denn der Boden war stellenweise richtig naß. Das bekam ich auch zu spüren.
In einem kleinen Ort fuhr ich auf einen Weg, machte meine Fotos, wollte wenden und verlor den Halt, da der rote Boden wie Schmierseife war und ich mit den Füßen wegrutschte. Das Motorrad neigte sich ganz langsam nach rechts und lag dann auch noch mit den Rädern bergauf. Ich wollte mal eben die Sache bereinigen, aber an dieser Seite hat das Moped gar keinen Griff und so war ich etwas hilflos. Ich sah mich um, konnte aber niemand sehen und schloß erst einmal die Benzinhähne, damit der Sprit nicht ausläuft. Da hörte ich Frauenstimmen, sah zur anderen Seite und erblickte drei Frauen in knöchellangen Mänteln und Kopftuch, mit schwarzen Fingerhandschuhen und Lackschuhen. Sie fragten mich, ob sie helfen sollen, so verstand ich es jedenfalls. Ich nickte und sie stellten sich neben mich in den Dreck und mit vereinten Kräften schafften wir es, die Maschine aufzurichten. Ich bat sie, das Moped noch solange zu halten, bis ich auf der anderen Seite stand, und den Ständer ausklappen konnte. Nun hatte ich die Hände frei und konnte einen Koffer aufschließen und eine große Tafel Schokolade herausnehmen, die ich den Helferrinnen gab. Das war sie wert, die Arbeit.
Auf dieser Strecke traf ich etwas später einen Motorradfahrer aus Australien, der aber auf dem Weg nach London ist. Die Dämmerrung war nicht mehr allzufern und ich sah ein Hinweisschild auf Camping. Ich steuerte diesen Platz an, um nach dem Preis zu fragen und sah auch gleich die vielen französischen Wohnmobile und ein rotes Feuerwehrauto mit NVA-Koffer (DDR). Ein deutsches Päärchen aus München bewohnte und bewegte dieses Gefährt für 4 Wochen durch Marokko. Sie befanden sich allerdings schon auf dem Rückweg. Er schraubte die ganze Zeit an dem Gefährt, denn der Kühlschrank saß nicht an der richtigen Stelle. Ich baute mein Zelt auf und legte mich nur kurz hin, und schon war ich weg. Aber nur kurz.
Ich wollte nur meinen Kram für die Nacht ordnen, da wurde ich von der Feuerwehr gerufen. Man lud mich zu Bier oder Wein ein und ich orderte Bier. Ich hatte die Wahl zwischen normalem und Starkbier, warm oder kalt - toller Service! Ich entschied mich für nicht so kalt, war nun aber auch ein halber Liter. Ich hatte auch richtig Durst. Vergesse ich manchmal völlig. Wir haben uns lange unterhalten, zum Beispiel über Essgewohnheiten. Sie konnten garnicht glauben, daß ich bisjetzt nur von Brot und Apfelsinen gelebt habe. Bei ihnen gabs schon seit zwei Tagen Dromedarhacksoße mit Gemüse und Nudeln. Ich weis nun nicht, wer sich mehr gefreut hat, ich, der nun einen riesigen Napf mit Futter bekam, oder sie, da sie es nun endlich los waren. Den wirklichen Rest bekam der halbverhungerte junge Wachhund.
Als sie erführen, daß mein neuer Kocher nicht funktioniert luden sie mich für den nächsten Morgen zum Kaffe ein. Die neue Pumpe für meinen Kocher ist wohl eine Digitale. Funktioniert oder funktioniert nicht. Ich hab nur das Pech, daß sie nicht funktioniert. Pumpe ich Druch auf, läuft der Sprit aus allen Ritzen. da hält man besser kein Feuer dran. Hätte mir nur den ganzen Kram zum Kochen ersparen können.
Um in der Nacht nicht zu frieren, schlüpfte ich mit der kompletten Motorradmontur in den Bundeswehrschlafsack. Zum Glück ist er so groß. Habe schon manche Nacht so gefroren, daß ich immer wieder aufgewacht bin und froh war als die Nacht zuende war. Waren ja fast alle Nächte mit Frost, bis zu -5 Grad. Ich konnte den Kaffe am Morgen richtig genießen. Muß ich mir gut einprägen den Geschmack, wird lange keinen geben. Ich verabschiedete mich von den beiden und fuhr meiner Wege. Der Campingplatz war in Foum-Zguid.
Auf nach Tata! Ich erreichte es tatsächlich noch, aber nicht zum Übernachten, sondern zum ganz gewöhnlichen Abenteuer-shopping und zum Geldabheben mit EC-Card am Automaten. Könnte sonst knapp werden, dachte ich. Falsch gedacht. Werde vielleicht doch noch ins Hotel gehen müssen, um es zu verbraten.
Vor Tata sah ich mir noch die Cascaden von Tissinnt an. Wasserfälle in einem Wüstenland! Es sind zwar nur zwei Meter, aber sie fallen in einen riesigen Pool. Es gab auch weiterhin viel Wasser zu sehen.
Es gab noch eine seltsame Erscheinung. Ein Fahradfahrer aus Deutschland. Ein Aussteiger. Er hat hinter sich alles abgebrochen, um Geld zu sparen. Er will aber im September wieder zurück sein.
Die folgende Nacht verbrachte ich auf einem Campingplatz, der von einem Franzosen geführt wird. Von hier starten die Leute mit den gemieteten Crossmaschinen in die Wüste. Alles super sauber, sogar mit Restaurant - habe ja mein Überlebensbrot noch!
Heute stertete ich nun endlich zur Küste. Hört ihr es rauschen?! ich habs tatsächlich geschafft, durch heftigsten Sturm, Staubsturm und sogar etwas Regen. Nur eine armselige Kreatur von Hund zwang mich zum Anhalten. Er hatte eine Kette um den Hals, deren Ende auf dem Boden schleifte und er immer darauf trat. Ich mußte erst einmal sein Zutrauen gewinnen. Zuerst wich er meiner Hand immer aus. Aber nach einiger Zeit ließ er sich streicheln und genoß es. Dann kramte ich aus meiner Werkzeugkiste zwei Zangen und brach mit Gewalt die Schweißung eines Kettengliedes auf - der Hund war befreit. Er wollte nur noch spielen und sprang an mir hoch. Nach kurzer Spielerei setzte ich mich aufs Moped und gab Gas, damit er nicht solange mitläuft. Es war ein junger Rüde, der aber nicht zu mager war. Ich hoffe, daß er nicht gleich die nächste Kette bekommt.
Hier in El Ouatia auf dem Campingplatz sind auch zwei Deutsche junge Kerle mit ihrem VW-Bulli. Werde sie morgen in El Aioun treffen. Es ist jetzt 10.00 Uhr Ortszeit - Gute Nacht!!!

Wasserfall im südl. Anti Atlas

Flußtal im südl. Anti Atlas

Brücke im südl. Anti Atlas

Campingplatz

Wüstenstrecke

Zeltplatz

Abendstimmung

mein Freund mit Kette …

… und jetzt frei - ohne Kette

wegen Stromausfall tanken auf  "alte Art"

Regenwolken in der Wüste

endlich am Atlantik

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